Sasha Filipenko ist einer meiner Lieblingsautoren aus dem Diogenes Verlag, deshalb musste sein neues Buch „Der Schatten einer offenen Tür natürlich auch bei mir einziehen.
Alle infos zu
Der Schatten einer offenen Tür
Werbung (Rezensionsexemplar)
Autor: Sasha Filipenko
Verlag: Diogenes
Erschienen: 25.09.24
Seiten: 272
Klappentext:
Die gottverlassene Provinzstadt Ostrog wird von einer Suizidserie von Jugendlichen im Waisenhaus erschüttert. Kommissar Alexander Koslow aus Moskau soll die Ermittlungen in die Hand nehmen, doch die örtliche Polizei hat ihre eigenen Theorien. Als Petja, ein Sonderling mit einem Herz für die Natur, verhaftet wird, glaubt Koslow nicht an dessen Schuld. Aber warum geriet Petja damals derart außer sich, als der Bürgermeister von Ostrog den Heimkindern einen Griechenland-Urlaub spendieren wollte?
Meine Meinung zu „Der Schatten einer offenen Tür“
Der Roman „Der Schatten einer offenen Tür“ startet mit einer kurzen Sequenz, die vor den eigentlichen Ereignissen stattfinden. Dort lernen wir den Alltag in Ostrog kennen – die eintönigkeit und Trostlosigkeit. Und wir lernen die erste Hauptfigur kennen. Petja ist selbst ein Waisenkind und trotzdem der Einzige Charakter der positiv wirkt. Petja versucht ständig seine Mitbürger zu besseren zu bewegen, versucht der Verkäuferin im Laden einen freundlicheren Umgang beizubringen, protestiert gegen neue Fabriken und spricht sich gegen den Griechenlandurlaub aus. Damit macht er sich keine Freunde und gilt in Ostrog eher als Sonderling.
Dann gibt es einen zeitlichen Sprung bis nach den Selbstmorden. Der Moskauer Ermittler wird nach Ostrog geschickt, um einen schuldigen dafür zu finden, dass sich Russlands Waisenkinder umbringen. Bei der örtlichen Polizei ist er aber nicht sehr beliebt, schon einmal hat er dort Ermittlungen geführt und jetzt ist der örtliche Polizist, davon besessen den schuldigen vor ihm zu finden. Koslow ist aber nicht nur mit den Suiziden beschäftigt sondern auch mit sich und seiner Familie.
Diesen Einstieg fand ich schon einmal sehr gelungen. Direkt von Beginn an spielt der Autor mit Gegensätzen. Auf Grund von seiner Geschichte würde man nicht erwarten, das Petja so ein positiver Mensch ist, dennoch ist er es und steht damit auch im krassen Kontrast zu den anderen Bewohnern Ostrogs, die in ihrem Alltag gefangen sind und es akzeptiert haben.
Aber auch Koslow ist ein sehr ambivalenter Charakter. Während er im privaten sehr auf sich selbst bedacht ist, scheint er ein guter Ermittler zu sein, der sich um Wahrheit und nicht um das gewünschte Ergebnis bemüht.
Weitere wichtige Charaktere sind die Zwillinge Ljubow und Vera. Sie sind nicht direkt in die Geschehnisse eingebunden. Ihre Geschichte wird immer wieder als kleiner Einshub erzählt. Die siamesischen Zwillinge könnten nicht unterschiedlicher sein. Während die eine treu das Vaterland liebt, möchte die andere nichts von Krieg hören und konzentriert sich lieber auf sich selbst. Kurzum: Sie möchten sich trennen lassen. Diie Geschichte der beiden lässt sich auf verschiedenste weisen interpretieren. Für mich wirkten sie wie ein Sinnbild der gespaltenen russischen Seele.
Das Dorf Ostrog ist als Setting perfekt für diese Geschichte. Ein von der Regierung vernachlässigtes Dorf in Grautönen gehalten, keine Feste, kein Frohsinn. Einfach nur grauer Alltag und Trostlosigkeit. Regiert wird die Stadt von einem Kleinoligarchen und Ex-Sträfling.
„Der Schatten einer offenen Tür ist kein klassischer spannender und blutiger Thriller. Viel mehr ist es ein philosophischer Krimi über Hoffnung und Hoffnungslosigkeit. Gewürzt mit einer ordentlichen Menge Gesellschaftskritik. Immer wieder wird in kleinen Szenen die Politik Russlands scharf kritisiert. So gibt es eine Szene in der sanktionierte Lebensmittel vor den Bewohnern zerstört wird, um das Harte Durchgreifen des russischen Staates zu demonstrieren, doch am Ende bedienen sich alle an den zerstörten Früchten.
Das größte Thema sind jedoch die Waisenkinder und der Umgang mit ihnen. Bei den Ermittlungen kommt heraus, dass sich die Heimleiter in keinster Weise verantwortlichen fühlen. Die Kinder sollten dankbar sein für das was sie haben, außerdem seien sie schwierig. Die Wahrheit sieht jedoch anders aus. Korruption, falscher Umgang und Strafen stehen auf dem täglichen Programm. Kinder wie Petja wurden auch schon von ihren Pflegeeltern wieder zurückgebracht. Dieser Rückblick in Petjas Vergangenheit war eine der Szenen, die mir am stärksten im Kopf geblieben sind.
Der Schatten einer offenen Tür
Fazit
Ich glaube „Der Schatten einer offenen Tür“ ist mein neues Lieblingsbuch von Sasha Filipenko. Dieser Roman voller Gegensätze, Gesellschatskritik und philosphischen Fragen konnte mich von Anfang an fesseln und auch nach Beenden habe ich lange über das Buch nachgedacht.
Kurz würde ich es als einen philosophischen Krimi über Hoffnung in der Hoffnungslosigkeit beschreiben – aber wie ihr in meiner Rezension wahrscheinlich schon bemerkt hat, geht es um noch so viel mehr.
Genauso wie die anderen Bücher von Sasha Filipenko möchte ich euch auch dieses hier ans Herz legen. Damit ist eines der ersten beendeten Bücher des Monats auch schon ein Anwärter auf den Titel Highlight des Monats.
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